Ich bin so fry - Meine goldenen Jahre by Stephen Fry

Ich bin so fry - Meine goldenen Jahre by Stephen Fry

Autor:Stephen Fry [Fry, Stephen]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 3351027338
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2012-03-14T00:00:00+00:00


Chelsea, Coleherne Clones and Conscience – Chelsea, Coleherne-Klone und Gewissen

Kim und ich zogen aus Hadley Wood in eine Wohnung in Drayton Place, ganz in der Nähe des Sloane Square in Chelsea, wo die Freundinnen der gerade unter die Royals aufgenommenen Lady Diana zwischen dem Peter-Jones-Kaufhaus, der General Trading Company und Partridge’s Feinkostgeschäft hin und her huschten, alle in identischen grünen Husky-Steppjacken und hohen Laura-Ashley-Kragen. Ihre Boyfriends fuhren Golf GTi-Cabrios, die in SW3 so weit verbreitet waren, dass sie Hämorrhoiden genannt wurden (»Früher oder später kriegt jedes Arschloch eine«). Großspurige Oberklassenknilche betranken sich ebenso sinnlos wie selbstverliebt in den eben in Mode gekommenen Weinbars, während ihre jüngeren Brüder sich Seidenschals um die langen, blassen Hälse schlangen und sich hängen ließen wie Lilienblüten, immer in der Hoffnung, so einnehmend und verloren auszusehen wie Anthony Andrews in Wiedersehen mit Brideshead. In den Pubs hallten die Geräusche des Videospiels Space Invaders wider, und aus den offenen Türen der Friseursalons hinaus in den Tumult der King’s Road dröhnte der Sound von Adam and the Ants’ »Goody Two Shoes«, Dexy’s Midnight Runners’ »Come On Eileen« und Culture Clubs »Do You Really Want To Hurt Me?«. Jemand hatte den Knopf gefunden, auf dem »Achtziger« stand, und voll aufgedreht.

Gleich um die Ecke von Draycott Place gab es (und gibt es noch immer) in der Tryon Street einen sicheren, niedlichen und höchst chelseahaften Schwulenpub namens Queen’s Head. Dort im Nebenzimmer hörte ich zum ersten Mal von GRID: Gay-Related Immune Deficiency – Immunschwäche bei Schwulen (Aids). Es klang höchst eigenartig. In Amerika starben Schwule, und: »Denk an meine Worte, Dear«, sagte der Barmann, »hier kommt es auch rüber.«

Die Schwulenszene verhielt sich zu jener Zeit extrem extrovertiert und freizügig. Larry Kramers Faggots war das Buch der Ära. Es schilderte eine exzessive Fire-Island-Welt, in der unbekümmerte Hedonisten sich durch ihre endlosen, von Drogen befeuerten Wochenenden besahnten, bespritzten und pumpten, süchtig nach physischer Befriedigung, der sie unbarmherzig und ohne Scham- und Schuldgefühl in spektakulär arrangierten Szenarien frönten. Ein Lifestyle jenseits von Moral, frei von persönlichen oder medizinischen Konsequenzen. Es gab kein Halten, höchstens in den Lederfesseln, die von der Decke schwangen und den Anreiz boten, unsagbare Akte zu vollziehen. Ich fand das alles so aufreizend wie eine Tupperware-Party. Es war ein seltsames Gefühl, einer Minderheit innerhalb einer Minderheit anzugehören. Die meisten Schwulen strebten danach – oder schienen es zumindest zu tun –, dieser Szene anzugehören und den darin bestimmenden einzelnen Charakteren der Village People nachzueifern, besonders dem Kariertes-Hemd-und-Schnauzbart-Look, der Clone genannt wurde. Heerscharen dieser Individuen in engen Jeans und schweren Stiefeln drängten sich im Coleherne Arms in Earls Court. Ich empfand die Männlichkeit, die Humorlosigkeit und die physische Aufdringlichkeit, die wie billiger Moschusdunst von diesen Leuten ausging, beängstigend und deprimierend. Nicht im Geringsten fühlte ich mich angezogen von den grotesken Karikaturen des Tom of Finland mit ihren Muskelhemden, den Ledermützen und freudlosen Blicken. Mein Traumpartner war ein freundlicher, verträumter, lustiger junger Mann, mit dem ich spazieren gehen, reden, lachen, schmusen und spielen konnte. Dennoch ging ich an Orte wie das Coleherne und das neu eröffnete Heaven, das behauptete, die größte Disco Europas zu sein.



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